Frau Sprung ist gelernte Buchhändlerin, hat Literaturwissenschaften studiert und schreibt, seitdem sie schreiben kann.

Literarisches Schreiben

„Schreib’ das doch mal auf.“ Fräulein Sprung war ungefähr acht Jahre alt, als sie diesen Rat hörte. Immerzu gingen ihr diese Sätze durch den Kopf. Sie fing zwar nicht an, genau diese Sätze aufzuschreiben, aber viele andere, die in einem 40-bändigen-Tagebuchwerk mündeten. (Ein Folgeband ist derzeit in Arbeit.)

Später ließ sich Frau Sprung zur Buchhändlerin ausbilden, studierte Literaturwissenschaften, las und schrieb Gedichte und Geschichten – mal mehr, mal weniger heimlich. In Berlin begann sie, im Literaturbetrieb zu arbeiten und dachte: Es gibt ja nun wirklich schon genug Bücher.

Eines Abends saß sie ruminierend auf ihrem Balkon im Wassertorkiez in Berlin-Kreuzberg. Damals arbeitete sie in einem großen Buchverlag, von 9 bis 18 Uhr war sie umgeben von Büchern, lesenden und schreibenden Menschen. Etwas zupfte sie am Ärmel. Aber was?

Seitdem ist viel Zeit vergangen. Frau Sprung entdeckte in New York das Schreiben wieder. Nach längerer Abstinenz verfasste sie ein Reiseblog. Aus diesem entstand eine erste Erzählung mit dem Titel „Dress nicely“. Sie besuchte Seminare zum literarischen Schreiben bei der >> textmanufaktur in Leipzig, Berlin und Venedig und am >> Autorendock in Hamburg. Mit einer Auswahl von kurzen Erzählungen und einem Konzept für einen Band war Frau Sprung Stipendiatin der Autorenwerkstatt Prosa am >> Literarischen Colloquium Berlin. Sie arbeitete freiberuflich und angestellt in Verlagen und nebenbei an ihrem ersten Buchprojekt.

Und heute? Der Erzählungsband ist mittlerweile fertig und enthält viele dieser Sätze von früher, einzelne Erzählungen wurden veröffentlicht. Aus dem Wassertorkiez ist sie weggezogen, stattdessen hat sie als >> Kiezredakteurin darüber berichtet und einen Flâneusenroman über die Gegend verfasst. Dafür wurde sie mit einem Stipendium der VG WORT im Rahmen des Bundesprogramms Neustart Kultur unterstützt. Momentan arbeitet sie als freiberufliche Redakteurin. Ihr drittes literarisches Projekt ist in Arbeit. Diesmal wird es eine ganz andere Geschichte.

Frau Sprung liest vor

„Räumlichkeiten“ (Erzählung) anhören:

© Literaturport 2012 (Frau Sprung bedankt sich ganz herzlich!)

Frau Sprung veröffentlicht

„Dress nicely“ (Erzählung)
in: André Hille (Hrsg.): Und an den Häusern hängen Engel. Jahresanthologie der Textmanufaktur. Leipzig 2010.

„Postkarte“ (Erzählung)
in: Zeitschrift Sprache im technischen Zeitalter. Heft 201, März 2012.

Frau Sprung unveröffentlicht

Erzählungsband „Räumlichkeiten“ (aus dem Exposé):

Der Leser begleitet die Figuren in den kurzen Erzählungen, wie sie sich allein und mit anderen durch äußere und innere Räume bewegen. Sie befinden sich in einem unauffälligen Ausnahmezustand und stehen ein bisschen neben sich. Auch wenn sie nicht wissen, was es ist, sind sie auf der Suche nach etwas. In Begegnungen kommen sie anderen mehr oder weniger nah, verstricken sich und bleiben doch für sich. Das Handeln der Figuren und Handlung als erzählerisches Element sind nicht die treibenden Kräfte in den Geschichten. Stattdessen sind es die inneren Räumlichkeiten der Figuren und ihre Wahrnehmung, die sich in den Bildern, Szenen, Räumen der Erzählungen spiegeln.

„Kati Sprung ist eine genaue Beobachterin gegenwärtiger Verwicklungen, die eigentlich nichts bedeuten, aber vielleicht doch alles ändern. Ihre Erzählungen sind lakonisch und bestehen aus Gesten und Berührungen, flüchtigen Stimmungen. Sie sind an Fragen interessiert, weniger an Antworten.“ Ursula Krechel

Roman „Wassertor“ (aus dem Exposé):

„Wassertor“ ist ein Flâneusenroman aus Berlin-Kreuzberg und handelt vom Scheitern in der großen Stadt. Im Mittelpunkt steht die psychisch instabile Ich-Erzählerin Thea, die wie alle Figuren im Roman versucht, mit den Widrigkeiten des prekären Alltagslebens in der Wassertorstraße umzugehen. Um den geografischen Mittelpunkt Berlins herum erläuft sich die Hauptfigur die fragile Mitte des eigenen Lebens. Die Lesenden flanieren mit Thea durch einen Mikrokosmos voller eigensinniger Berliner Gestalten.

Schon lange lebt Thea Kerzendorf im Wassertoraquarium, einem Straßenüberbau am Wassertorplatz in Berlin-Kreuzberg. Nach einem längeren Klinikaufenthalt kommt sie zurück nach Hause und sieht das Hochhaus, die Nachbarschaft, die großstädtische Umgebung und sich selbst mit einem fremden Blick. Das Leben, das sie vor ihrer psychischen Krise geführt hat, kommt ihr weit entfernt vor: der letzte Bürojob, alte Freundschaften und lose Liebschaften, ihre Distanz zur Herkunftsfamilie. Thea gelingt es nicht, an ihren vorherigen Alltag anknüpfen und kann sich nur langsam im scheinbar Altbekannten neu orientieren. Begleitet wird Thea bei ihren Bemühungen um Stabilität von Frau K. – einer inneren Stimme, die ein manchmal recht enervierendes Eigenleben führt.

Der reale Wassertorkiez in Kreuzberg zählt zu den sogenannten sozial besonders benachteiligten und strukturschwachen Berliner Stadtvierteln. Die „Graue Laus“ des Architekten Werner Düttmann am Wassertorplatz dient als Setting für die fiktive Geschichte. Die erzählte Zeit umfasst ungefähr ein Jahr. Theas psychischer Raum spiegelt sich in den Räumen der Stadt, des Hauses und in den Figuren. Die flâneusenhafte Wahrnehmung der Ich-Erzählerin ist die treibende Kraft des Textes. In einer Mischung aus Zeigen und Verschweigen wird Theas Geschichte erzählt und in Schnipseln die der Nachbar·innen, die die Lesenden wie mit einem Blick durch den Türspion kennenlernen. Eingeflochtene Zitate von Autor·innen der Neuen Sachlichkeit (Baum, Isherwood, Kaléko, Kästner, Keun) bilden den Hintergrund für Theas Figurenbiografie und die Stimmung der Erzählung.